Publikationsdatum: 20.11.2025
Übersicht
- Autor: Felix Müller
- Quelle: Tages-Anzeiger
- Publikationsdatum: 20.11.2025
- Lesezeit: ca. 3-4 Minuten
- Thema: Rückkehr der Taschenmunition für Schweizer Soldaten
Zusammenfassung
Die bürgerliche Mehrheit in der Ständeratskommission möchte eine 18 Jahre alte Sicherheitsmassnahme wieder rückgängig machen. Der Grund: Der Ukrainekrieg hat angeblich alles verändert.
Die wichtigsten Punkte:
- 7 zu 5 Stimmen in der SiK-S für die Wiedereinführung der Taschenmunition
- Seit 2007 haben Schweizer Soldaten ihre Sturmgewehre ohne Munition zu Hause
- Abschaffung erfolgte wegen wiederholter Tötungsdelikte und Suizide mit Armeewaffen
- SVP-Ständerat Werner Salzmann und FDP-Ständerat Josef Dittli führen "veränderte Sicherheitslage" als Hauptargument an
- SP-Ständerätin Franziska Roth kritisiert: Wissenschaftlich belegte Erfolge bei Suizid- und Femizidprävention werden zunichte gemacht
- Suizide mit Armeewaffen sind seit 2007 tatsächlich zurückgegangen
- Motion muss noch durch Ständerat und Nationalrat
Chancen & Risiken
Chancen:
- Schnellere Reaktionsfähigkeit bei hypothetischen Bedrohungsszenarien
- Dezentrale Munitionslagerung weniger anfällig als zentrale Depots
- Erfüllung des ursprünglichen Milizgedankens der Schweizer Armee
Risiken:
- Anstieg von Suiziden und Tötungsdelikten mit Armeewaffen (historisch belegt)
- Erhöhtes Risiko von Femiziden in häuslicher Gewalt
- Munition in Privathaushalten schwerer kontrollierbar
Blick in die Zukunft
Kurzfristig (1 Jahr): Politische Debatte in beiden Kammern, wahrscheinlich entlang der üblichen bürgerlich-linken Linie. Intensive Diskussionen über Sicherheit vs. Prävention.
Mittelfristig (5 Jahre): Falls durchgesetzt, erste messbare Auswirkungen auf Suizid- und Kriminalitätsstatistiken. Mögliche Anpassungen oder erneute Diskussionen bei negativen Entwicklungen.
Langfristig (10-20 Jahre): Grundsatzfrage über die Rolle der Milizarmee in einem veränderten Europa. Möglicherweise weitere sicherheitspolitische Reformen je nach geopolitischer Entwicklung.
Faktencheck
Solide belegt:
- Suizide mit Armeewaffen sind seit 2007 zurückgegangen
- Taschenmunition wurde 2007 wegen Tötungsdelikten und Suiziden abgeschafft
- Kommissionsentscheid mit 7 zu 5 Stimmen erfolgt
Noch zu prüfen:
- Konkrete Zahlen zum Rückgang der Suizide mit Armeewaffen
[⚠️ Noch zu prüfen] - Tatsächliche Vulnerabilität zentraler Munitionslager
[⚠️ Noch zu prüfen] - Ob der Bundesrat 2007 wirklich eine Rückkehr bei veränderter Lage vorsah
[⚠️ Noch zu prüfen]
Kurzfazit
Eine Kommissionsmehrheit will aus Angst vor hypothetischen Bedrohungen eine bewährte Präventionsmassnahme rückgängig machen. Dabei steht eine vage "veränderte Sicherheitslage" gegen wissenschaftlich belegte Erfolge bei der Suizidprävention. Die Frage ist: Rechtfertigt die theoretische Möglichkeit eines Angriffs auf die Schweiz das Risiko zusätzlicher Todesfälle im Alltag?
Drei kritische Fragen
Verhältnismässigkeit: Ist es wirklich verantwortlich, bewiesene Präventionserfolge für ein höchst unwahrscheinliches Angriffsszenario zu opfern – oder geht es hier eher um Symbolpolitik?
Transparenz bei Fakten: Warum werden keine konkreten Zahlen zum Rückgang der Suizide genannt, und wie wurde die angebliche Vulnerabilität zentraler Munitionslager tatsächlich bewertet?
Echte Innovation oder Rückschritt: Gäbe es nicht modernere Wege, die Reaktionsfähigkeit der Armee zu verbessern, ohne auf eine 18 Jahre alte, bewusst abgeschaffte Praxis zurückzugreifen?