Undercover-Recherche: Wie die Schweiz Millionenerben umwirbt

Publikationsdatum: 13.11.2025

Übersicht

  • Autor: Enrico Kampmann, Jan Jirát (Text) und Florian Bachmann (Fotos)
  • Quelle: WOZ (Die Wochenzeitung), Ausgabe Nr. 46
  • Datum: 13. November 2025
  • Geschätzte Lesezeit: 20 Minuten

Zusammenfassung des Artikels

Kernaussage

Eine verdeckte Recherche zeigt, wie Banken, Kanzleien und sogar Steuerämter vermögende Ausländer systematisch bei der Steueroptimierung unterstützen und die Pauschalbesteuerung als Schlupfloch nutzen.

Wichtige Fakten

  • 500 Millionen Euro Erbe führen zu nur 150 000 Franken Steuern (0,026 Prozent) bei Pauschalbesteuerung
  • Rund 3900 ausländische Millionäre nutzen Pauschalbesteuerung in der Schweiz
  • Mindestens 50 Milliardärsfamilien besitzen Immobilien in Gstaad
  • Geschätzte 12-19 Milliarden Franken jährliche Steuerausfälle durch Hinterziehung [⚠️ Noch zu prüfen - SP-Schätzung]
  • 44 Prozent des Gesamtvermögens gehören dem reichsten 1 Prozent der Bevölkerung
  • Jährlich werden etwa 100 Milliarden Franken vererbt oder verschenkt
  • 18 Anfragen führten zu 7 Treffen bei Banken, Kanzleien und Steuerämtern

Betroffene Gruppen

  • Überreiche Ausländer: Profitieren von systematischer Steuervermeidung
  • Mittelschicht: Trägt überproportionale Steuerlast
  • Kantone/Gemeinden: Konkurrieren um wohlhabende Zuzüger
  • Dienstleistungsbranche: Banken, Anwaltskanzleien, Vermögensverwalter

Chancen & Risiken

Chancen:

  • Transparenz über Steuervermeidungspraktiken schaffen
  • Debatte über Erbschaftssteuer-Initiative anregen

Risiken:

  • Weitere Aushöhlung der Steuergerechtigkeit
  • Wachsende Vermögensungleichheit
  • Verlust öffentlicher Einnahmen für Bildung und Infrastruktur

Empfehlungen

  • Verschärfung der Kontrolle bei Pauschalbesteuerung
  • Einführung einer Erbschaftssteuer für grosse Vermögen
  • Verbesserung der Transparenz bei Vermögensdeklarationen

Blick in die Zukunft

Kurzfristig (1 Jahr)

Abstimmung über Erbschaftssteuer-Initiative am 30. November wird Weichen stellen. Bei Annahme: Verschärfung der Besteuerung grosser Erbschaften.

Mittelfristig (5 Jahre)

Mögliche Reform der Pauschalbesteuerung durch politischen Druck. Internationale Koordination bei Steuervermeidung könnte zunehmen.

Langfristig (10-20 Jahre)

Automatischer Informationsaustausch zwischen Ländern könnte Steuerschlupflöcher schliessen. Vermögensungleichheit bleibt gesellschaftliche Herausforderung.

Faktenprüfung

Gut belegte Aussagen

  • Pauschalbesteuerung existiert für ca. 3900 Personen (offizielle Statistik)
  • Vermögenskonzentration beim reichsten 1 Prozent ist messbar
  • Aufzeichnungen der Gespräche liegen vor

Unklare oder widersprüchliche Punkte

  • SP-Schätzungen zu Steuerausfällen (12-19 Milliarden) [⚠️ Noch zu prüfen]
  • Erbschaftsvolumen von 100 Milliarden jährlich basiert auf Schätzungen
  • Einzelgespräch in Uri könnte nicht repräsentativ sein

Weitere Quellen & Quellenliste

Zusätzliche seriöse Quellen

Quellenliste

  1. Originalartikel: WOZ Nr. 46, 13.11.2025, Link
  2. Faktenprüfung durchgeführt am: 13.11.2025

Kurzfazit

Die Recherche deckt ein systematisches Netzwerk auf, das Überreichen bei der Steuervermeidung hilft. Besonders brisant: Auch staatliche Stellen unterstützen diese Praktiken aktiv. Dies verstärkt die Vermögensungleichheit und untergräbt die Steuergerechtigkeit. Eine dringend notwendige gesellschaftliche Debatte über faire Besteuerung grosser Vermögen ist überfällig.

Drei Schlüsselfragen

  1. Transparenz: Wie können Bürger über die tatsächlichen Steuerausfälle durch Pauschalbesteuerung informiert werden, wenn selbst das Parlament entsprechende Berichte ablehnt?

  2. Verantwortung: Ist es ethisch vertretbar, dass Steuerämter aktiv bei der Steuerminimierung beraten, statt die Gesetze neutral anzuwenden?

  3. Gerechtigkeit: Welche Legitimation hat ein System, das zwei verschiedene Steuerregimes für unterschiedliche Gesellschaftsschichten schafft?