Von Daten und Souveränität
Von Daten und Souveränität
Oder: Wenn dein Cloud-Anbieter plötzlich amerikanisch träumt
In Europa reden wir gern von „digitaler Souveränität“. Das heißt ungefähr: Unsere Daten sollen gefälligst in Europa bleiben und nicht bei irgendeiner US-Behörde auf dem Frühstückstisch landen.
Klingt gut – klappt aber leider selten. Das neueste Kapitel in dieser Daten-Seifenoper: Der amerikanische IT-Riese Kyndryl kauft die niederländische Cloud-Firma Solvinity. Und plötzlich fragen sich viele: War’s das jetzt mit unserer schönen europäischen Datenhoheit?
1. Was passiert ist
Kyndryl – ein US-Unternehmen, das früher mal zu IBM gehörte – will die niederländische Solvinity übernehmen. Offiziell geht es um „Sicherheit“ und „bessere Cloud-Dienste“.
Inoffiziell geht es wohl eher um mehr Macht im europäischen Cloud-Markt – und um ein paar Sorgenfalten bei allen, die gern hätten, dass ihre Daten nicht von Washington aus eingesehen werden können.
2. Die Fakten in kurz
- Ankündigung: 4. November 2025
- Ziel: Mehr Cloud, mehr Sicherheit, mehr Einfluss
- Warum es angeblich toll ist:
- Kyndryl bringt Berater, Technik und Erfahrung
- Solvinity bringt „souveräne“ Cloud-Strukturen
- Gemeinsam wollen sie die Superhelden der sicheren Daten werden
- Was es kostet: Niemand sagt’s (immer ein gutes Zeichen)
- Wer redet drüber: Petra Goude von Kyndryl – und eine Menge besorgter Europäer
3. Der Elefant im Serverraum: der US CLOUD Act
Jetzt kommt der Haken:
Nach US-Gesetz darf die amerikanische Regierung auf Daten von US-Firmen zugreifen – egal, wo diese Daten liegen.
Ja, auch wenn sie in einem hübschen Rechenzentrum bei Amsterdam ruhen.
Solvinity hat Kunden wie das niederländische Justizministerium. Kritiker nennen das Ganze also – sehr höflich – „eine unerwünschte Situation“. Andere nennen es schlicht Datenkolonialismus 2.0.
4. Europas Traum von digitaler Unabhängigkeit
Die Niederländer – und eigentlich ganz Europa – wollen schon länger eigene Cloud-Lösungen aufbauen, um nicht ständig „Ja, Herr Bezos“ sagen zu müssen.
Der Abgeordnete Koekkoek (Volt) hat im Parlament beantragt, mehr Geld in europäische Clouds zu stecken und die Abhängigkeit von US-Giganten zu verringern.
Klingt super. Nur leider fließt das Geld gerade noch langsamer als eine EU-Kommissionserklärung.
5. EuroStack – Europas Antwort auf den Cloud-Schluckauf
Das große EU-Projekt EuroStack fordert 300 Milliarden Euro, um Europa technologisch wieder auf die Beine zu bringen.
Das Ziel: weniger „Made in Silicon Valley“, mehr „Made in Europe“.
Die Zutaten:
- EuroChips: Eigene Halbleiter
- SovereignCloud: Europäische Sicherheits-Clouds
- SmartEurope IoT: Vernetzte Geräte mit Datenschutz
- DataCommons: Gemeinsame, aber kontrollierte Datennutzung
- SovereignAI: KI made in Europe
Wenn das nicht klappt? Dann drohen Jobverluste, Abhängigkeit – und irgendwann fragt man sich, ob Europa nur noch ein Kunde mit Kreditkarte ist.
6. Welttrend: Souveräne Clouds sind das neue Schwarz
Überall auf der Welt basteln Regierungen an eigenen Clouds, um Daten im Land zu behalten.
Das bringt Jobs, Sicherheit – und weniger Bauchschmerzen bei Datenschutzbeauftragten.
Aber: Es kostet Geld. Viel Geld. Und Know-how, das nicht gerade auf Bäumen wächst.
7. Zwei Wege zur Wolke
Hyperscaler mit Aufkleber „Souverän“
→ Billiger, aber die Kontrolle liegt woanders (Spoiler: meist in den USA).Echte lokale Sovereign Cloud
→ Teurer, aber wenigstens hat man selbst den Schlüssel zum Datentr